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Sasha DiGiulian : Frauenpower beim 8c Big Wall Send

Die Idee, mit einer reinen Frauenseilschaft eine der schwersten Mehrseillängen weltweit zu begehen, hatte Sasha DiGiulian schon eine ganze Weile im Kopf. Im September 2022 wurde dieser Traum zusammen mit Mathilda Soderlund und Brette Harrington war. Gemeinsam ist ihnen die freie Begehung von Rayu (8c) in den Picos de Europa (Spanien) gelungen.

29 Juni 2023

Sasha Di Giulian

Rayu – was „Blitz“ auf Asturisch bedeutet - ist eine 610 Meter lange Mehrseillänge mit Schwierigkeit 8c in der Cordillera Cantàbrica in den Picos de Europa. Die Route hat 16 Seillängen zwischen hauptsächlich 7a+ bis hin zu 8c. Iker Pou, Eneko Pou und Kico Cerdá eröffneten und begangen die Linie im Jahr 2020 in 5 Wochen. Die bis dato schwerste Mehrseillänge, die von einer Frau geklettert wurde, war 8c. Ich bin stolz darauf, dass mir diese Leistung 2013 in den Dolomiten und 2017 in Madagaskar gelungen war. Wenn wir diese Route schaffen, schreiben wir Geschichte mit der schwersten Mehrseillänge durch eine reine Frauenseilschaft.

Ein starkes Team für ein großes Projekt

Sasha Di Giulian

Im Oktober 2021 fing ich an, das Team zusammenzustellen. Ich wusste, dass ich eine reine Frauenseilschaft möchte weil es mich inspiriert, mit anderen Frauen große, gewagte Ziele anzugehen. Klettern mit Frauen gibt mir Sicherheit, macht Spaß und ist ein tolle gemeinsame Erfahrung. Wenn eine Frau physisch anspruchsvolle Kletterzüge macht, inspiriert mich das. Das spornt mich an, mich selbst zu pushen.

Was ich bei dieser Reise gelernt habe, ist, dass eine Expedition weit über das reine Klettererlebnis hinausgeht. Als Team haben wir uns gegenseitig angefeuert. Wir haben auch schwer diskutiert, sind allerdings bei unserer Zielsetzung geblieben weil wir offen über unsere Gefühle geredet haben. Ohne die Hilfe unseres ganzen Teams mit Ryan Sheridan, Priscilla Mewborne, Chris Alstrin, Michael Potter und Fran Gonzalez hätten wir diese Herausforderung nicht geschafft.

Die beste Kletterpartnerin!

Sasha Di Giulian

Ich kenne Matilda seit über 10 Jahren. Wir sind beide Jahrgang 1992 und sind von klein auf auf Wettkämpfen gegeneinander angetreten. Freudinnen sind wir geworden als wir uns jährlich auf den Jugendweltmeisterschaften gesehen haben. Mit 16 fingen wir an, gemeinsam auf die Weltcups für Erwachsene zu fahren. Zu dieser Zeit waren die amerikanischen und schwedischen Teams selten stark vertreten, daher nannten wir uns selbst das „Team Amereden“. Zu den Technical Meetings gingen wir mit den Trainern der größeren Teams, wie dem österreichischen oder französischen. Nach den Wettkämpfen sind wir gemeinsam Felsklettern gegangen. In den letzten 8 Jahren sind wir beide außerhalb des Wettkampfsports gewachsen und haben angefangen, uns auf das Felsklettern zu konzentrieren. 2021 hat Matilda ihre erste große Kletterreise in die Schweiz unternommen.

Im Herbst 2021 habe ich ihr, nachdem ich das gesehen hatte, eine Nachricht über Instagram geschickt ob wir 2022 gemeinsam ein Kletterprojekt machen wollen. Über dieses Projekt haben wir viel gescherzt weil sie zugesagt hat, bevor sie wusste um was es geht. Ich wusste also damals nicht, dass sie gerade zum ersten Mal beim Campen ist. Es war schön, das gemeinsam mit Brette Harrington zu erleben und neue Eindrücke an diesem fantastischen Ort zu teilen!

Nicht loslassen, bloß nicht loslassen…

Sasha Di Giulian

„Ich weiß wie stürzen geht, aber ich kann mir darüber jetzt keine Gedanken machen. Ich muss es einfach probieren. Ich habe die erste Schlüsselstelle hinter mir und bin nun direkt unterhalb der zweiten. Ich spüre, dass das Tape auf meinen Fingern die Reibung etwas schlechter macht, aber es schützt meine Haut vor dem scharfen Fels. Ich klettere in die zweite Crux und fühle mich gut dabei. Ich weiß genau, was zu tun ist. Es fehlen noch die 3. und die 4. Schlüsselstelle und das Stück bis zum Umlenker. Ich nutze die Ruheposition um meine Arme zu schütteln und spüre das Blut unter dem rutschigen Tape in meinen Fingern pochen. Ich höre, wie mich Matilda und Brette vom Standplatz unter mir anfeuern. Sie geben mir neue Energie. Ich beiße das Tape von meinen Fingern und stecke meinen linken Finger in ein kleines Loch. Ich schiebe den Finger tief hinein um möglichst viel Halt zu bekommen. Dann greife ich den kleinen Kristallgriff, setze den Fuß hoch und schiebe mich darüber um…zu springen. Ich schreie um den Schmerz an meinen Fingerkuppen zu ertragen und spanne meine Muskeln an, damit sie weitermachen. Ich komme am nächsten Griff an, nun liegt nur noch das letzte Stück vor mir. Während ich auf die winzigen Griffe schaue, denke ich nur: „Jetzt bloß nicht loslassen! Du findest schon einen Weg.“

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