Im Jahr zuvor hatte er in Nepal eine technisch anspruchsvolle Route auf einem Gipfel in über 7000 m Höhe eröffnet, bevor er die Ostküste Grönlands ganz auf sich gestellt im Kajak durchquerte und eine Big Wall an einem noch unberührten Gipfel eröffnete. Nach diesen zwei ambitionierten Expeditionen stellt er sein Bedürfnis nach solchen Abenteuern in Frage.
"Warum ziehe ich los? Warum opfere ich für ein Stück Fels so viel Zeit und gehe ein derartiges Commitment ein? Um glücklich zu sein? Für den Ruhm? Um mein weiches Bett mehr zu genießen nach 40 Tage in einem feuchten Zelt? Also machen wir uns auf den Weg, um eine Antwort auf diese Fragen zu finden."

Für den Alpinisten aus Grenoble, der 2021 mit einem Piolet d'Or ausgezeichnet wurde, stellen diese Expeditionen sowohl die Frage als auch die Antwort dar. Für ihn geht es während der Begehung und im Anschluss darum, sich lebendig zu fühlen und etwas Außergewöhnliches zu erfahren.
"Ich habe Mühe, die Realität vom Traum zu unterscheiden. Ich meine, dort oben ist alles eins und die erlebten Empfindungen bleiben fest in unserem Kopf. Diese Freude nach drei Jahren voller Frustration und Misserfolgen auf den Gipfeln des Himalaya zu stehen ist umglaublich - alles hat sich zum Erfolg gewandelt. Dieses Hochgefühl bedeutet zehn Tage lang mit über 100 kg beladenen Kajaks den Elementen getrotzt zu haben, um am Wandfuß eines unberührten Felsen zu stehen und diesen besteigen zu können. Dieses Lächeln ist das gemeinsame Erleben eines Gipfels mit Menschen, die man liebt."

Um derartige Momente zu erleben, muss man am Wandfuß für alles gewappnet sein. Für Bergsteiger und Bergsteigerinnen gibt es keinen offiziellen Wettkampf oder ein klar abgegrenztes Spielfeld. In den Bergen kann jederzeit alles passieren und der Ausdruck „bereit sein“ verliert seine Bedeutung.
"Sein Training und seine Vorbereitungszeit genau zu synchronisieren, ist unmöglich. Man muss in allem gut, aber in nichts herausragend sein, um sich zum gegebenen Zeitpunkt erfolgreich anzupassen. Die meiste Zeit trainieren wir unsere Anpassungsfähigkeit.
Bei einer Expedition in ein entlegenes Gebirge gibt es viele Unwägbarkeiten: die Wetterbedingungen, die Bedingungen in den Bergen, die Motivation und der Gesundheitszustand der Kletterer und Kletterinnen. Das sind so viele Faktoren, die den Erfolg ungewiss machen und verdeutlichen, dass man sich an Gegebenheiten anpassen muss, die nie optimal sein werden.
Dieses Wort, Anpassung, klingt für jede und jeden anders, aber für uns Bergsteiger und Bergsteigerinnen ist dies der Schlüssel zur Leistung: Es muss einem gelingen, seinen Bogens zu spannen, ohne ihn zu zerreißen. Darin liegt die Schönheit der Aktivität, ohne Regeln oder Wettkämpfe. Die Freiheit ist vollkommen und nur unsere Vorstellungskraft limitiert uns. Man kann Leistung in unzähligen verschiedenen Projekten finden, indem man sich aufmacht, um unbekanntes Terrain zu entdecken - man muss sich immer anpassen, um sich einen Weg in dieses Neuland zu bahnen"

Um mehr über Symons Gedankengänge zu erfahren, gibt es über jede Expedition einen Film. Mehr Infos findet ihr auf seinem Instagram-Account.
Verfasser des Artikels: Gabriel Cavalier mit Unterstützung von Symon Welfringer bei den Zitaten.