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Reisen, Klettern, Leidenschaft: Ein Reisebericht von Klemen Bečan

Der Petzl Roc Trip rollte im September und Oktober über die Straßen Osteuropas um die dortige enorme Felsvielfalt zu erkunden. Erfahre anhand der Berichte von Klemen Bečan, Philippe Ribière und Mümin Karabas wie diese Athleten des Petzl Teams durch ihre Passion eine unvergessliche Reise erlebt haben.

13 Januar 2015

Klettern

Klemen Bečan, der überhängende Einrichter!

Klemen Bečan © Anja Bečan

"Reverence" 8c+, Citibi, Türkei

Klemen ist 2013 dem Petzl Team beigetreten. Er schloss sich dem RocTrip 2014 von Bulgarien bis zur Türkei an, aber zuvor hat er noch einige Schleifen gezogen und ist früher gestartet, um seine Reise möglichst lang auszudehnen. Alles in allem ist er durch zwölf osteuropäische Länder gereist und hat zahlreiche neue Routen mit seiner Frau Anja eröffnet. Hier erzählt Klemen über seine Reise auf den Spuren des Petzl RocTrip, die Gebiete die er entdeckt hat und die Projekte die er realisieren konnte.

 

Du hast deine Reise bereits vor dem Start des Petzl Roc Trip begonnen. Wie lange warst du unterwegs?
Ich bin am 14. November zurückgekommen, nach ca. drei Monaten auf Reisen. Für meinen Geschmack nicht lang genug, aber immerhin waren es drei Monate.

Durch wie viele Länder bist du gereist?
Ich bin insgesamt durch elf Länder gereist: Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, den Kosovo, Serbien, Albanien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland und die Türkei.

Welcher Reiseroute bist du gefolgt?

Als man mir vom genialen Projekt des Petzl Roc Trip erzählt hat, ist mir die Idee gekommen, dass ich meine Reise verlängern könnte, um auf diese Weise noch mehr Orte zu bereisen. Ich habe viele Länder vor dem RocTrip durchquert, um schließlich nicht am Stück bis nach Rumänien fahren zu müssen. Aber es hat einen Moment gedauert die ganze Reise zu planen.

Unser erster Stopp war Split, Kroatien. Wir sind in Markezina Greda geklettert und dann hat uns Daniel Piccini einen Tag mit zum Deep Water Soloing auf die Insel Ciovo genommen. Dann sind wir weiter Richtung Süden gezogen und haben an einigen Spots gehalten, die auf dem Weg nach Drasnice liegen. Dort wollte ich eine neue 220 m lange Route eröffnen, die ziemlich überhängend ist und enorme Sinter hat. Es dauerte vier Tage, um alles zu putzen und die Bolts zu setzen, dass die Route bereit war um geklettert zu werden. Wir hatten geplant die Route auf dem Rückweg durchzusteigen, aber das schlechte Wetter hat uns dabei schließlich einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dort trafen wir Marwan Maayta, unser drittes Teammitglied und ursprünglich aus Jordanien. Er ist mit uns bis nach Bulgarien gereist.

 
Klemen Bečan © Anja Bečan

Drašnice, Kroatien

Klemen Bečan © Anja Bečan

Ciovo, Kroatien

Klemen Bečan © Anja Bečan

Markezina Greda, Kroatien

 

Als wir von Bosnien nach Montenegro gefahren sind, sahen wir eine wahnsinnige Ansammlung von Felsblöcken in der Nähe eines herrlichen Gebirgspasses im Durmitor Massiv. Ich hatte genug von der Fahrerei und so machten wir es uns gegenüber von ein paar netten Kalkblöcken gemütlich. Schließlich begannen wir zu klettern. Der Fels perfekt, die Aussicht perfekt und die Temperatur auch perfekt, ein perfekter aktiver Ruhetag also. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass bisher niemand an diesen Felsen geklettert ist und ich bin mir ziemlich sicher, dass niemand anderes kommen wird um hier zu klettern, aber ich habe vor zurückzukommen.

Nach dem Durmitor Massiv, auf unserem Weg Richtung Podgorica (die Hauptstadt Montenegros), hielten wir alle 500 m an, um uns unerschlossenen Felswände anzuschauen. Spurenlose Felswände sind einfach wahnsinnig. Am Ende einer Schlucht (5 Minuten von Podgorica) fanden wir letztendlich eine Wand mit gebohrten Routen. Wir konnten klettern und die hervorragende Qualität des Gesteins sehen. Nach zwei Tagen klettern am Stück waren nicht mehr viele Routen übrig und so holte ich schließlich meine Bohrmaschine hervor, um eine eigene Route hinzuzufügen. „Unglücklicherweise“ konnte ich die Route im ersten Versuch punkten und mit einer Bewertung von 8b wurde „Rotor and Wings“ zur schwierigsten Route im Land. Allerdings nicht für lange Zeit, denn am Folgetag eröffnete ich eine schwerere Route direkt daneben. Es kostete mich einige Versuche sie durchzusteigen und am Ende habe ich sie mit 8b+ bewertet. Die Route heißt „Neverovatni Dinosauri“ (unglaubliche Dinosaurier), weil mich die Form der Sinter an diese Kreaturen erinnert. An unserem Ruhetag machten wir uns auf, eine nahegelegen Schlucht zu erkunden und alles was ich dazu sagen kann ist, dass es einfach ungerecht ist eine solche Felsqualität zu haben, ohne eine einzige Route oder andere Kletterer. In meinem Fall ist das hier der perfekte Ort, um zu leben, Routen einzurichten und zu klettern.

Wir machten uns wieder auf den Weg, um durch Albanien nach Mazedonien zu gelangen. Wir stattetem dem Klettergebiet Maurovo einen Besuch ab, das erst kürzlich eröffnet wurde und wo es noch einiges an Potenzial für neue Routen und Sektoren gibt. Wieder konnte ich die bestehenden Routen ziemlich schnell klettern und so beschloss ich auch hier eine Route einzubohren. Sie ist ziemlich schwierig und ich werde zurückkehren müssen, um sie zu klettern. Diese wahnsinnige Linie ist über 50 m lang und überhängend und bietet kaum genug Griffe um überhaupt von einem Haken zum nächsten zu klettern. Sie ist wirklich schwierig, aber machbar.

Ein Monat war mittlerweile vorbei und wir mussten uns auf den Weg nach Rumänien machen. Auf dem Weg fanden wir derart viele Gebiete, die sich zum Klettern eignen, dass wir einige auf jeden Fall noch einmal besuchen müssen. Es ist letztendlich eine gute Sache, dass es noch so viel Potenzial gibt, denn ich habe viel Spaß daran, neue Routen zu finden und einzubohren und ich bin immer auf der Suche nach unberührten Wänden. Für diejenigen, die einfach zum Klettern kommen wollen empfehle ich noch ein oder zwei Jahre zu warten.

Kannst du uns mehr von den Routen erzählen, die Du eröffnet hast?
Es gibt viel Potenzial für die Erstbegehung extrem schwerer Routen in Smokovac, aber mir war es wichtig, Routen zu eröffnen, die nur ein bißchen schwerer sind als die bisherigen. Keine Routen, die nur von mir geklettert werden und dann für 10 Jahre vergessen werden. So können die lokalen Kletterer meine Routen versuchen oder als Projekt ansehen, um sie in naher Zukunft zu klettern.  Vor allem aber ist die Linie schön mit genau der richtigen Anzahl an Sicherungen und zehn Meter Sintern am Ende. Ich entdeckte die zweite Linie „Neverovatni Dinosauri“ von der Route „Rotor and Wings“ aus, als ich diese eingerichtet hatte. Ich wusste, dass sie ein bisschen schwieriger war, aber möglich und vor allem mit vielen schönen Passagen. Wenn du mich fragst, wie ich sie bewerten würde, würde ich sagen, dass die Erste wirklich toll aussieht, die Zweite aber viel schönere Züge hat. Aber beide sind ziemlich cool!

Klemen Bečan © Anja Bečan

"Neverovatni Dinosauri", 8b+, Smokovac, Montenegro

Warum hast du dich für diese Routen entschieden? Wie viel Zeit hast du in sie investiert?
Zunächst schaue ich mir die Wand vor mir an und überlege mir, wo die logischste Route nach oben verläuft. Ich mache diese Übung jedes Mal, überall, selbst wenn ich nicht vorhabe, eine neue Route einzubohren. Ich versuche einfach die Linie zu finden, die die Natur bereits vorgibt. Danach, wenn ich die Linie gefunden habe, inspiziere ich die Route, indem ich mich von oben über sie abseile. Ich teste zwei, drei Züge an und suche dann nach den besten Stellen, um die Bohrhaken zu platzieren. Die leichteste Phase ist das Hakensetzen selbst. Das Putzen einer Route kann oft Zeit in Anspruch nehmen, aber hier in Smokavac hatte ich Glück. Nur kurz ein bisschen Bürsten und dann konnte ich auch schon loslegen.

Klemen Bečan © Anja Bečan

"Rotor and wings", 8b, Smokovac, Montenegro

Wie suchst Du in der Regel deine Routen aus?
Ich mache meine Entscheidung von der Schönheit einer Linie anhängig. Sie muss attraktiv, logisch und einzigartig sein. Ich mag keine Kombination von Routen oder wenn die Routen sehr nah nebeneinander sind, aber manchmal geht es nicht anders. Mein Ziel ist es die schönste Route auf die Wand vor mir zu zeichnen.

Kannst du uns von deinen Projekten erzählen, die du während des Roc Trips klettern konntest?
Mein Hauptziel während der Reise war, so viele Routen wie möglich zu klettern. Besonders gerne kletter ich onsight und genau das habe ich die meiste Zeit getan. Ich konnte bis 8b Onsight Klettern. In Citibi hatte ich ein Projekt, das ich letztes Jahr eingerichtet habe. Damals war ich besiegt worden, die Route hatte gewonnen und auch diesmal musste ich einsehen, dass ich wohl erst nochmal trainieren muss, bevor ich zurückkommen und die Route klettern kann.  Die Züge waren auch dieses Mal zu schwer aneinander zu reihen. Trotzdem konnte ich in der Nähe von Citibi eine 8c+ im zweiten Versuch klettern. Die Route heißt „Reverence“ und sie war deutlich leichter als mein Projekt.

Was war dein schwierigstes Projekt?
Die schwierigsten Routen die ich eingerichtet habe befinden sich in Maurovo (Mazedonien) und „Over Limit“ ist im türkischen Klettergebiet Datca. Die beiden sind definitiv härter als 9a aber ich konnte sie nicht durchsteigen. Die schwerste Route, die ich klettern konnte, war „Reverence“. In allen Fällen ist es am Ende aber so, dass nicht der Erfolg das Wichtigste ist, sondern der Prozess. Ich liebe es an einer Route zu arbeiten, sie zu putzen, die Einzelzüge zu klettern und dann aneinander zu reihen…Am Stand anzukommen ist dann die Sahnehaube auf dem Kuchen, nach all der Arbeit und der Vorbereitung.

Was war dein Lieblingsprojekt?
„Over Limit“, 9?, in Datca in der Türkei. Die Route bietet 60 überhängende Meter, sie beeindruckt so sehr, dass nur wenige diese beeindruckende Route probieren wollen. Die erste Länge ist 8a. Die zweite Länge ist meiner Meinung nach 9a und heißt „Limit of Explosion“ mit einem wahnsinnig dynamischen Zug von einer Leiste zur Nächsten. Es gibt viele weitere fantastische Züge an unglaublichen Sintern und komplexe Passagen. Der Stand befindet sich ziemlich genau in 45m Höhe bei einem Nohand-Rest. Als Bonus gibt es noch eine dritte Seillänge mit 20 Metern, die die 9a endgültig bestätigen sollte. Die zwei Zwischenstände befinden sich an logischen Stellen, an denen man sich gut ohne Hände ausruhen kann. Die Schwierigkeit der Route zieht kontinuierlich bis zum Ende an. Ich hoffe, dass mir oder jemand anderem eines Tages der Durchstieg gelingt.

 
Klemen Bečan © Anja Bečan

"Reverence" 8c+, Citibi, Türkei

Klemen Bečan © Anja Bečan

7a+, Baile Herculane, Rumänien

 

Was sind deine aktuellen Projekte?
Ich plane nach Spanien zu fahren, zuerst nach Katalonien und dann werde ich in der Nähe von Valencia anzutreffen sein. Ich werde versuchen, so viele Routen wie möglich onsight zu klettern aber auch Zeit an einigen härteren  Routen zu verbringen. Und dann, wenn ich eine schöne Linie sehe, werde ich sie putzen und einbohren.

Wie reist du am liebsten?
Ich liebe es in meinem VW T4 Multivan zu reisen. Alles was ich brauche ist da drin und ich kann schlafen wo ich will. Während der Reise laden uns oft Leute zu sich ein und bieten uns eine Nacht in einem normalen Bett an. Aber wir entscheiden uns meist lieber im Bus zu schlafen, denn schließlich ist es unser Zuhause. Und was gibt es schöneres als in der Früh aufzuwachen, eine Tasse Kaffee zu trinken und sich direkt am Wandfuß oder unterhalb seines Projekts zu befinden?!

Wie verräumst du dein Material während der Reise?
Unser angeblich so tolles Ablagesystem funktioniert letztlich nicht immer so gut und oft durchsuchen wir das ganze Auto, um ein bestimmtes Teil zu finden. Das Auto ist nicht wirklich groß und dennoch schaffen wir es immer wieder unsere Sachen zu verlegen.

 
Klemen Bečan © Anja Bečan
Klemen Bečan © Anja Bečan
 

Kennst du die Klettergebiete bevor du losfährst?
Ich suche viel im Internet und schließlich versuche ich von jedem Gebiet lokale Kletterer ausfindig zu machen und sie zu kontaktieren, um sie wegen Infos bezüglich der Gebiete und der besten Jahreszeit zu fragen. Ich suche gerne den Dialog mit Ihnen, vor allem wenn ich neue Routen einbohren möchte, um mich abzusichern, dass es wegen mir keinen Ärger mit den Anwohnern gibt. Die Locals haben mich immer gut informiert und mir andere Gebiete empfohlen, die ich dann besucht habe oder bei meiner nächsten Reise besuchen kann (oder auch zwei wie in Datca).

Welche Art des Kletterns bevorzugst du?
Mir gefällt jede natürliche Art, die es mir erlaubt vom Boden abzuheben. Ich mag das Bouldern, genauso wie das Sport- und Alpinklettern, das Eisklettern, das Klettern auf Bäume, die Suche nach neuen Routen, das Bigwallklettern…Ich weiß auch nicht, ich mag einfach alles.

 
Klemen Bečan © Anja Bečan

"Morning warmup", Bafa Lake, Türkei

Klemen Bečan © Anja Bečan

"Out of Energy", 8c+, Datça, Türkei

Klemen Bečan © PETZL/Lafouche

"Tufa Bazar" 8a+ Citibi, Türkei

 

Was war dein Lieblingsklettergebiet während der Reise?
Ich glaube Datca. Prilep war auch sehr schön und Meteora mochte ich auch. Bafa wäre bei kühleren Temperaturen noch besser gewesen, trotzdem hab ich es sehr gemocht. Citibi ist sicher eines der besten Gebiete der Welt und Maurovo hat noch viel Potenzial. Es hat mir viel Spaß gemacht die große Wand in Drasnice einzubohren, wo ich viel Zeit damit verbracht habe, schwere Routen einzurichten, die ich nächstes Mal durchzusteigen möchte. Ich denke, der schönste Platz während der Reise war für mich schlicht in der Wand.

Klemen Bečan © Anja Bečan

High Ball 6A, Bafa Lake, Türkei

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